Wie ansprechen?

Für Menschen mit Essstörungen ist es oft sehr schwierig, über ihr Essproblem oder über ihre Erkrankung  zu sprechen. Das kann daran liegen, dass sie selbst nicht erkennen, dass ihr Essverhalten gestört ist. Oder sie empfinden Scham und Angst und können sich der Realität nicht stellen.

Eine Essstörung kann zu sozialer Isolation führen, auch wenn eine Person in einer festen Partnerschaft ist oder in einer Familie lebt. Kontakte werden oberflächlicher, Betroffene ziehen sich irgendwann ganz zurück. Das Essproblem wird von niemandem angemessen angesprochen – oder schlimmstenfalls ganz totgeschwiegen. In vielen Familien herrscht am Esstisch häufig Streit; es wird über das Essen gesprochen, nicht aber über die Probleme, die dahinter stecken. Viele Familien fühlen sich in einem Teufelskreis und sehen sich nicht mehr in der Lage, das Problem konstruktiv anzugehen.

Grundsätzlich gilt: Menschen mit Essstörungen sollten darauf angesprochen werden.

Das Gespräch – die Konfrontation von aussen – ist ein wichtiger und oft entscheidender Anstoss für Personen mit Essstörungen. Es zeigt Ihnen sie müssen ihre Probleme aktiv angehen und sich diesbezüglich Hilfe holen.


Wie können Angehörige, Partner/-innen und Freund/-innen das Essproblem zum Thema machen?

  • Machen Sie der Person klar, dass sie Ihnen wichtig ist, und was Ihnen an ihrem Wohlergehen liegt. Sagen Sie Ihr, dass Sie sich Sorgen um sie machen.

  • Teilen Sie ihr mit, was Ihnen aufgefallen ist, welche Sorgen Sie sich machen, wie Sie sich dabei fühlen. Sprechen Sie von sich, d.h. in der Ich-Form und stellen Sie keine voreiligen Diagnosen.

  • Sprechen Sie das Essverhalten nicht beim Essen an, das stresst die betroffene Person nur und führt unweigerlich zu einer Abwehrreaktion.

  • Sprechen sie ruhig und sachlich.

  • Vermeiden Sie Vorwürfe. Denken Sie daran, dass Menschen mit Essproblemen – vor allem bei Bulimie oder Binge Eating – sich für ihr Verhalten oft sehr schämen.

  • Drängen Sie die Person nicht, ihr Essverhalten zu ändern. Das treibt sie höchstens in die Isolation. Erkennen Sie an, dass sie ihr Essverhalten derzeit als Hilfe zur Bewältigung von Problemen oder unangenehmen Gefühlen braucht. In anderen Worten: Oft ist ein «gestörtes» Essverhalten ein Lösungsversuch für Probleme!

  • Fragen Sie und versuchen Sie zu verstehen, was die Person bewegt, was die Probleme sein könnten hinter dem Essverhalten. Oft sind das Überforderung, Minderwertigkeitsgefühle, Selbstabwertung, mangelnde Eigenständigkeit, Beziehungsprobleme, Ablösungsprobleme, unerfüllte Bedürfnisse nach Selbständigkeit und Abgrenzung, Körperabwertung, Abwertung der eigenen Weiblichkeit oder Männlichkeit.

  • Fragen Sie den Betroffenen was er braucht und womit sie helfen können. Nehmen Sie ernst, was Ihnen die Person sagt: Sie weiss selbst am besten, was sie braucht.

  • Teilen Sie der Person mit, dass es Hilfe gibt, machen Sie Hoffnung, vermitteln Sie ihr die Adresse unserer Fachstelle oder einer anderen Fachstelle.

  • Lassen Sie sich selbst von einer Fachperson beraten und unterstützen. Es ist verständlich, dass Sie als Laie mit der Situation überfordert sind. Wenn Sie fachliche Hilfe in Anspruch nehmen, sind Sie nicht zuletzt auch ein Vorbild für die Person mit dem Essproblem, und sie tut es Ihnen eher gleich.
    Um Hilfe zu bitten ist kein Zeichen von Schwäche!

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